Verkehrsregeln

(Letzte Aktualisierung: 16.01.2024)

Wie viel schneller muss man sein, damit man ein anderes Fahrzeug überholen darf?

Die Verkehrsregeln müssen jede denkbare Verkehrssituation in irgendeiner Form erfassen.
Die Verkehrsregeln müssen jede denkbare Verkehrssituation in irgendeiner Form erfassen.
Voraussetzung dafür, dass man überhaupt überholen darf, ist, dass man mit „wesentlich höherer Geschwindigkeit“ fahren kann als der Überholte (§ 5 Abs. 2 Satz 2 StVO). Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass das an sich stets gefährliche Überholen (auch dann, wenn es grundsätzlich erlaubt ist) möglichst nur dann geschieht, wenn es verkehrstechnisch überhaupt sinnvoll ist.

Wie viele Stundenkilometer Geschwindigkeitsunterschied notwendig sind, dass ein wesentliches Schnellerfahren anzunehmen ist, lässt sich allgemein nicht sagen. Man wird jedoch von mindestens fünf, besser zehn km/h ausgehen können.

Ist der Halter für alle Verkehrsverstöße mit seinem Auto verantwortlich?

Nein, das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht kennt das persönliche Schuldprinzip, wonach nur bestraft werden kann, wer selbst eine verbotene Handlung begangen hat. Der Halter muss also keine Bußgelder bezahlen, wenn er nicht selbst den Verstoß begangen hat.

Bei Parkverstößen kann man aber in den seltensten Fällen nachweisen, wer das Auto abgestellt hat. Der Halter könnte immer behaupten, dass er es nicht war – da er sich nicht selbst belasten muss, dürfte er insoweit auch straflos lügen.

Daher ordnet § 25a Abs. 1 Satz 1 StVG auch an, dass der Halter bei Parkverstößen und unklarem Täter zumindest die Verfahrenskosten tragen muss:

Kann in einem Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden oder würde seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern, so werden dem Halter des Kraftfahrzeugs oder seinem Beauftragten die Kosten des Verfahrens auferlegt; er hat dann auch seine Auslagen zu tragen.

Diese Verfahrenskosten setzen sich derzeit zusammen aus

  • 25 Euro Verfahrensgebühr (§ 107 Abs. 1 Satz 2 OWiG) und
  • 3,50 Euro Zustellpauschale (§ 107 Abs. 3 Nr. 2 OWiG).
Darf der Beifahrer einen Parkplatz reservieren?

Nein.

Es ist durchaus üblich, dass sich der Beifahrer in einen freien Parkplatz stellt, während der Fahrer bspw. noch wenden oder sonst einen Umweg fahren muss. Das ist jedoch nicht erlaubt, denn der Parkplatz steht dem Fahrer zu, der der ihn als erster mit seinem Auto erreicht, § 12 Abs. 5 StVO.

Darf man einen Parkplatzreservierer aus dem Parkplatz verdrängen?

Ja, dies ist wohl zulässig. Das rechtswidrige Reservieren stellt einen Angriff dar, gegen den man sich wehren darf. Eine eventuelle Nötigung wäre wohl schon nicht rechtswidrig. Allerdings ist eine gewisse Vorsicht notwendig, denn die Notwehrhandlung muss stets das mildeste Mittel sein.

Gibt es eine Helmpflicht für Radfahrer?

Nein.

Eine rechtliche Pflicht, als Radfahrer einen Helm zu tragen, ist nirgends normiert. Obwohl dies immer wieder politisch diskutiert wurden, sieht bislang kein Gesetz und keine Verordnung eine Helmpflicht vor.

Dass das Tragen eines Helms sinnvoll sein kann, steht freilich auf einem anderen Blatt. Auch die Frage eines zivilrechtlichen Mitverschuldens ohne Fahrradhelm ist damit noch nicht abschließend geklärt.

Ist die Farbe von Taxis irgendwo festgelegt?

Ja, die typische Taxi-Farbe ist tatsächlich rechtlich normiert. Die Vorschriften dazu finden sich in der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft).

§ 26 Abs. 1 sagt:

Taxen müssen kenntlich gemacht sein
1. durch einen hell-elfenbein-farbigen Anstrich; als Farbton ist zu wählen RAL 1015 des Farbtonregisters RAL 840 HR des Ausschusses für Lieferbedingungen und Gütesicherung (RAL) beim Deutschen Normenausschuß

Allerdings können die Länder gemäß § 43 Abs. 1 BOKraft Ausnahmen davon zulassen und so auch andere Farben genehmigen.

Sind „Elefantenrennen“ auf der Autobahn erlaubt?

Grundsätzlich ja. Auch für Lastkraftwagen gelten keine anderen Regeln.

Will ein Lkw einen anderen Lkw überholen (auch als „Elefantenrennen“ bezeichnet), stellt sich zunächst natürlich die Frage, ob ein allgemeines Überholverbot gilt. Wenn dies nicht der Fall ist, muss noch die allgemeine Regel beachtet werden, dass man nur überholen darf, wenn man auch wirklich deutlich schneller fahren kann als der Überholte. Wenn auch dies erfüllt ist, spricht nicht gegen das Überholen durch einen Lkw.

Wann muss ein Fahrradfahrer einen Radweg benutzen?

Fahrradfahrer müssen einen vorhandenen Radweg benutzen, sofern dieser objektiv benutzbar ist. Nicht benutzbar ist der Weg aber, wenn das Fahren hierauf nicht gefahrlos möglich ist. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn Äste oder rutschiges Laub darauf liegen oder der Fahrbahnzustand marode ist. Auch wenn man mit einem Fahrradanhänger unterwegs ist und dieser zu breit für den Weg ist, ist dieser unbenutzbar.

Soweit ein Radweg nicht benutzt werden muss, dürfen Radfahrer auf die Straße ausweichen.

Welche Promillegrenzen gelten für Autofahrer?

Fahranfänger dürfen grundsätzlich gar keinen Alkohol intus haben, für sie gilt eine Null-Promille-Grenze (§ 24c StVG).

Bei allen anderen ist es grundsätzlich nur bis 0,3 Promille für Autofahrer „sicher“. Darüber kann bei Fahrfehlern bereits eine strafbare Trunkenheit im Verkehr (§ 316a StGB) vorliegen. Ab 1,1 Promille ist man immer fahruntüchtig.

Bei 0,5 Promille liegt, auch wenn man noch fahrtüchtig ist, eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit einem erheblichen Bußgeld und einem Fahrverbot geahndet wird.

Näheres dazu finden Sie hier.

Wann liegt ein geschlossener Verband von Radfahrern vor?

Radfahrer bilden dann einen geschlossenen Verband, wenn mehr als 15 Radfahrer zusammen unterwegs sind. Solche Verbände müssen Radwege nicht benutzen.

Haben Radfahrer ein Mitverschulden für eigene Verletzungen, wenn sie keinen Helm tragen?

Das hat die Rechtsprechung noch nicht ganz entschieden.

Grundsätzlich kann einem Verletzten stets ein Mitverschulden gemäß § 254 angerechnet werden, wenn sein Verhalten für die Verletzung mitursächlich war; seine Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche verringern sich dann entsprechend.

Angesichts der Tatsache, dass es keine rechtlich verbindliche Helmpflicht in den straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften gibt, muss man jedenfalls sehr zurückhaltend sein, ein Mitverschulden wegen des Verzichts auf einen Helm anzunehemn.

Eine vorsichtige Tendenz geht wohl dahin, dass von normalen Radfahrern kein Helmtragen verlangt wird, von Rennradfahrern dagegen schon, da für diese im Straßenverkehr ein derart hohes Risiko besteht, dass sie dieses Risiko selbst mindern müssen und es nicht vollständig auf den Unfallgegner abwälzen können.

Diese Rechtsprechung ist aber noch im Fluss. Insofern kann auch einem normalen Radfahrer nur dazu geraten werden, einen Helm zu tragen – zumal auch Schadenersatz und Schmerzensgeld eine möglicherweise erhebliche Kopfverletzung kaum wirklich ausgleichen können.

Darf ein Mobiltelephon beim Fahren in der Hand gehalten werden?

Ja, solange keine Benutzung der Funktionen des Geräts vorliegt.

Dass man beim Autofahren nicht mehr mit dem Handy telephonieren darf, ist mittlerweile allgemein bekannt. § 23 Abs. 1a StVO verbietet es darüber hinaus aber, das Telephon zu benutzen, wenn man es dafür in der Hand halten muss.

Nicht erfasst ist jedoch das bloße In-der-Hand-Halten des Geräts ohne Benutzungsabsicht – notwendig ist eben immer beides, Halten und Benutzen. Das Halten selbst ist schon begrifflich kein „Benutzen“, sondern eben nur ein Halten. Sobald jedoch in irgendeiner minimalen Form auf Tasten oder Touch-Display des Handys eingewirkt wird (Extremfall: das „Wegdrücken“ eines Anrufs), ist eine Ordnungswidrigkeit gegeben.

Darf man immer die erlaubte Höchstgeschwindigkeit fahren?

Nein, die Höchstgeschwindigkeit gilt nur unter idealen Bedingungen. Sobald witterungsbedingt (z.B. Glätte, Nebel usw.) oder aufgrund der Straßenbeschaffenheit (z.B. Schlaglöcher, scharfe Kurve) diese Geschwindigkeit nicht mehr sicher gefahren werden kann, müssen Autofahrer entsprechend langsamer fahren. Gleiches gilt aber auch für Fahranfänger oder unsichere Fahrer. Eine definitive Aussage darüber, welche Geschwindigkeit im konkreten Zeitpunkt zulässig war, lässt sich leider häufig erst nach einem Unfall treffen.

Muss ein Motorradfahrer spezielle Schuhe tragen?

Nein. Es existiert weder eine gesetzliche noch eine von vernünftigen Motorradfahrern anerkannte Pflicht zum Tragen von Motorradstiefeln. Unfallverletzungen, die möglicherweise mit speziellen Schuhen hätten verhindert werden können, muss sich der Motorradfahrer also nicht selbst zurechnen lassen.

Siehe auch: OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.04.2013, 3 U 1897/12 auf urteilsbesprechungen.de

Darf man zum Wenden fremde Einfahrten benutzen?

Nein, das stellt eine Beeinträchtigung des fremden Eigentums dar. Der Eigentümer darf sich gegen einen Missbrauch seines Grundstücks auch wehren, entweder juristisch oder auch tatkräftig wie im Fall des „Hadamarer Kartoffelwurfs„.

Auch zum Wenden darf man nur öffentlichen Straßengrund benutzen.

Welche Regeln gelten für E-Scooter im Straßenverkehr?

In Großstädten überschwemmen verschiedenste Sharing-Anbieter den Markt mit E-Scootern, auch Elektro-Tretroller genannt, die mittlerweile an nahezu jeder Straßenecke in den Innenstädten zu finden sind.

Die wichtigsten hierfür geltenden Verkehrsregeln hat Herr Rechtsanwalt Grziwa auf anwalt.de zusammengestellt.

Kann ich statt einer Parkscheibe einen Zettel hinterlassen?

Prinzipiell nicht, denn eine Parkscheibe wird im deutschen Verkehrsrecht – natürlich – genauestens definiert. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 StVO muss eine Parkscheibe dem Bild 318 in der StVO entsprechen. Dort ist nicht nur vorgesehen, dass die Parkscheibe mindestens 11 x 15 cm groß sein muss, sie muss auch verkehrsblau sein und dem sonstigen Layout entsprechen.

Dem genügt ein einfacher Zettel mit handschriftlicher Angabe der Uhrzeit natürlich nicht. Auch bei Parkscheiben aus anderen Ländern und bei solchen, die als Werbegeschenk verteilt werden, muss man aufpassen.

Grund für diese Festlegung ist offiziell, dass die Kontrolle erleichtert wird, wenn alle Parkscheiben gleich aussehen und der kontrollierende Beamte mit einem Blick hinter die Windschutzscheibe erkennt, wo die Scheibe ist.

Andererseits dürfte die meisten Kontrolleure doch über so viel Fingerspitzengefühl verfügen, dass sie nicht unbedingt gleich ein Bußgeld verhängen, wenn dem Sinn der Parkscheibe zumindest auf behelfsmäßige Weise Rechnung getragen wird.

Darf man die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreiten, wenn man es ganz besonders eilig hat?

Das kommt darauf an, in den meisten Fällen aber nicht.

Bloße Eile reicht natürlich nicht aus, um ein zu schnelles Fahren zu rechtfertigen, sonst hätten die Geschwindigkeitsbeschränkungen keine Bedeutung mehr. Allerdings kann ein Notstand gemäß § 16 OWiG bzw. §§ 34 und 35 vorliegen, der die Strafbarkeit der Tat entfallen lässt.

Voraussetzung dafür ist, dass ein Rechtsgut gefährdet ist (Paradebeispiel: das Leben einer in den Wehen liegenden Schwangeren und ihres Kindes), das gerade durch eine Geschwindigkeitsüberschreitung und den dadurch ermöglichten Zeitgewinn gerettet werden kann. Zudem muss eine Abwägung zwischen dem Rechtsgut und dem abstrakten Rechtsgut der Sicherheit des Straßenverkehrs erfolgen.

Die Gerichte setzen allgemein sehr hohe Anforderungen an den Notstand und räumen der Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer meist den Vorrang ein. Insofern ist die Verteidigung damit, dass ein Notfall vorlag, ziemlich schwer. Jedenfall sollte sie nicht pauschal, sondern nur mit genauen Nachweisen erfolgen.